Una grande Famiglia

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Una grande Famiglia

Üblicherweise berichten wir von Lehrgängen mit Schilderungen der großen, bedeutenden Themen, der angewandten Techniken, des Erlernten. Natürlich haben Angela und ich auch dieses mal viel gelernt und wahrgenommen, fleißig in unser Büchlein geschrieben, uns viel über Aikido unterhalten und selbiges praktiziert.

Doch vom Lehrgangsbesuch bei Wakasensei Kenta Shimizu am 20. - 22. März in Monza (bei Mailand) möchte ich eine andere Seite beschreiben, die mich bewegt, erstaunt und beeindruckt hat.

Hungrig kamen wir an, nur kurz eine Kleinigkeit in einer Bäckerei holen, dann gleich weiter ins Dojo, das war die Idee. Gesagt, getan und vor allem gleich fündig geworden, leckere Dolci, feines Gebäck und ein paar Pizze-Stücke. Perfekt! Das macht dann alles laut Kasse 10,83 EUR. Während ich nach den Groschen kruschtele spricht uns die Verkäuferin beschwichtigend an. Nur 10 Eur, prego. Ähem, aber die 83 Cent... Dickes Grinsen: „aaaaaa, no, das ist sconto!“

Pünktlich eine knappe Stunde vor Trainingsbeginn kamen wir an der angegebenen Adresse an, zogen uns um und trafen auch die ersten Mitglieder des Dojos von Max. Große Begrüßung, viel Hallo, kurze Gespräche.

Es folgten konzentrierte Trainingseinheiten, mit Anfängern, mit Fortgeschrittenen, mit Kindern, mit Jugendlichen, mit Erwachsenen, jeder trainierte mit jedem, alle waren beieinander mit einer großen Intensität.

So ging es am Freitag Abend direkt nach dem Training zum Essen in ein wunderbares italienisches Ristorante. Die Teilnehmer des Lehrgangs überstrahlten alles mit ihrer Freude, dem Lächeln im Gesicht und lauten Gesprächen über alles, was einen eben so bewegt. Bereits nach dem Primo wurden die Plätze getauscht, es war wunderbar, jeder sprach mit jedem. Und irgendwann an dem Abend wurde dann auch beschlossen, dass es doch eine gute Idee sei, wenn Lorenzo uns ein bisschen durch Monza führen würde, ja, klar, kein Problem!

Gesagt getan, wir verabredeten uns für den nächsten Vormittag vor der Kirche. Davon ausgehend, dass es eben halt eine Kirche in einem kleinen Städtchen wie Monza gäbe. Doch natürlich ist Monza wie so viele italienische Städte: an nahezu jedem hübschen, kleinen Plätzchen gibt es eine Kirche. Madre mia! Wir nehmen dann die ganz große, und siehe da, Lorenzo war da, er führte uns zum großen Park, dem Sommersitz der Regentin, danach zu einem kleinen Bistro mit wunderbarer Pasta und natürlich einem Kaffee hinterher.

Im anschließenden Training wieder mit dabei „il bambini“ von Yasmine, der Kinder & Jugentrainerin. Die zum Teil erst 10 jährigen setzten sich mit einem unglaublichen Selbstvertrauen in die vorderste Reihe und haben sich entspannt die Erwachsenen zum Trainieren geschnappt.

Der familiäre Höhepunkt war die Party am Samstag Abend: Jede(r) brachte etwas zum essen mit, keine Ahnung, wann die Aikidoka hierfür Zeit gefunden hatten, der Tisch bog sich unter frischen Leckereien, Käse, Pasta und natürlich diesem einen speziellen Gericht aus Puglia. Das eben nur die Tante kochen kann. Rezept? Wie bitte? Wie kommt da die Tedesci nur auch nur ansatzweise auf die Idee so etwas nach kochen zu können. Rezept, Mamma mia, das kann einfach nur die Tante. Die dafür aber auch einen langen und lauten Applaus erhielt.

Und wieder waren die Kinder wie selbstverständlich mit am Tisch, unterhielten sich mit uns mit Händen und Füssen.

copyright: Wakasensei Kenta Shimizu

copyright: Wakasensei Kenta Shimizu

So möchte ich nun doch wieder auf eines dieser großen Themen zurückkommen, das uns bei Aikido beschäftigt, das leer sein, bevor wir mit dem Training beginnen, bevor wir mit einer Technik beginnen, um die Energie des anderen wirklich aufnehmen zu können.

Wakasensei hat uns gesagt, wir müssen ruhig sein wie die spiegelglatte See, der Wind, der dann (als Angriff) auf uns zu kommt, verursacht je nach Stärke mit der er kommt Wellen, kleine oder große. Wenn wir in unserem Herzen (unserem Denken) nicht diese Ruhe haben, sondern die See bereits wellig ist, wird es mit dem aufkommenden Wind zu einer unruhigen Kabbel-See kommen.

Die Gelassenheit und die offene Freude mit der in Mailand dem Lehrgang begegnet wurde, ist in gewisser Hinsicht eine solche Stärke gewesen, von der wir hier lernen können.

Organisieren wir hier in München einen Lehrgang, fühlen wir uns mitunter angetrieben alles perfekt organisieren zu müssen; vielleicht werden wir dadurch mit unseren Gedanken auch ein bisschen vom eigentlichen Kern des Lehrgangs abgelenkt, quasi vorab in einem Wellenschlag, der gar nicht nötig ist.

So erfüllte es uns mit ein bisschen Wehmut am Sonntag diese wunderbare „grande Tendoryu-Familia“ zu verlassen, die uns für ein paar Tage in ihre Reihen aufgenommen hat. Und wir haben bereits im Auto beschlossen, ganz arg bald einmal wieder nach Mailand zu fahren.

 

Angela Brodschelm & Christiane Weber

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„Die Bewegung von der Welle spüren“

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„Die Bewegung von der Welle spüren“

Aikido-Meister Jos Vanroy (5. Dan Aikido / Belgien) beim TSV Großhadern

Herzlichen Dank! Bereits zum vierten Mal hat Aikido-Meister Jos Vanroy (5. Dan Tendoryu Aikido / Genk / Belgien) eigens einen dreitägigen Lehrgang in der schönen Sigi-Sterr-Budohalle beim TSV Großhadern gehalten. Rund 40 Teilnehmer aus dem südbayerischen Raum waren wieder restlos begeistert, wie Jos Vanroy Aikido-Bewegungen einfach aufbaut und so für die Teilnehmer gut nachvollziehbar macht.

Wer bereits einen Lehrgang mit Aikido-Meister Jos Vanroy erlebt hat, erkennt vertraute Trainingselemente wieder, die dieser selber im jahrzehntelangen Studium herausgearbeitet hat und weitergibt. Verschiedene Atemkraft-Übungen, die ähnlich auch im Qi Gong vorkommen, machen die Trainierenden wach und energiegeladen. Grundbewegungen sorgen dafür, dass der Körper – vor allem die Mitte des Körpers – gekräftigt wird. Dehnübungen helfen, dass der Körper geschmeidig wird und das vertraute „Ukemi“ (Fallübung) sorgt dafür, dass der gedehnte und gekräftigte Körper sich auf das nun folgende Aikido einstellen kann. Klar, einfach und ohne Hast geht es zu grundlegenden Aikido-Techniken – zum Beispiel Shiho-Nage oder Kote-Gaeshi – die einprägsam aufgebaut sind. Sowohl der Anfänger, als auch der Fortgeschrittene ist immer wieder überrascht von dem Aufbau der Lehreinheiten. Es wird nicht langweilig - vor allem ist das Training keineswegs trocken. Immer wieder erzählt Jos Vanroy auch kleine Geschichten in seienem Deutsch-Belgisch, das zudem ab und zu zum Schmunzeln einlädt. „Beim Aikido geht es darum, die Bewegung von der Welle zu spüren“, sagt zum Beispiel Jos Vanroy und meint damit, dass Aikido aus dynamischen Kreisbewegungen besteht, mit denen der Verteidiger (jap. Nage) den Angreifer (jap. Uke) in seinen Bann zieht. Trotz dieser Leichtigkeit und Heiterkeit, die immer wieder durchblitzt, wird ernsthaft und intensiv trainiert. Die Aikido-Bewegungen werden bewusst und eher langsam ausgeführt. Dennoch merkt der eine oder andere bereits am zweiten Trainingstag einen leichten Muskelkater. Auch wenn der Körper am dritten Tag langsam müde wird, so ist doch jeder der Teilnehmer sichtlich erfrischt von drei Tage Jos Vanroy beim TSV Großhadern.

Der nächste große Aikido-Lehrgang beim TSV Großhadern findet mit Eckhardt Hemkemeier (5. Dan Tendoyru Aikido / Hamburg) am Wochenende, 16./17. Mai 2015, statt.

Bodo Eidmann, 2015

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Jedes Mal Neues entdecken

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Jedes Mal Neues entdecken

Gedanken zum Training im Tendokan / Tokio

Manchmal scheint es wichtig, schnell etwas aufzuschreiben! Manchmal ist es von Vorteil, etwas Zeit vergehen zu lassen! Schnell ist die Zeit verflogen und es sind schon wieder einige Monate vergangen seit unserem Besuch bei Shimizu Sensei (8. Dan Tendoyru Aikido) im Tendokan in Tokio. Längst sind wir wieder im Training in der Budohalle des TSV Großhadern. Längst haben sich wieder Gewohnheiten eingeschlichen, die man nach dem eindrucksvollen Erfahrungen im Tendokan eigentlich ändern wollte. Der Geist ist willig, der Körper ist … Im Aikido trainieren wir Körper und Geist gleichermaßen – bzw. haben uns dies als Ziel gesetzt.

Quatsch nicht soviel im Training! „Sho Shin“ bedeutet „Anfängergeist“. Vorsicht: Schnell stellt sich das Gefühl ein, man würde eine Technik können und diese nur immer wieder „abspulen“. Dem ist keineswegs so: Wir sind selber immer wieder anders, unser Partner ist anders und die „Form“, die wir versuchen mit Leben zu füllen, ist es auch. Der Anfänger ist höchst konzentriert, nichts entgeht ihm, da ja alles neu ist. Der vermeidliche Fortgeschrittene ist ja „fortgeschritten“, kennt ja alle Techniken, und entsprechend macht er manchmal nur noch eine Form. Damit aus einer Form eine lebendige Technik,wahres Budo, wird müssen wir mit „Sho shin“ trainieren, uns jedes Mal auf das Neue wachsam darauf einlassen. Anfänger reden dabei viel weniger als manche Fortgeschrittene. Wer im Tendokan trainiert hat, wird festgestellt haben, dass dort nur der Trainer oder Co-Trainer spricht und sonst keiner. Um so mehr im Training gesprochen wird, um so weniger Zeit bleibt zum Training. Das sogenannte „Keiko“ entwickelt sich somit immer weiter weg vom Training.

Was macht einen guten „Anfängergeist“ aus? „Zan Shin“ (jap. übriggebliebenes Herz) bedeutet soviel wie „Aufmerksamkeit bis zuletzt“. Aufmerksamkeit vom Anfang bis zum Ende einer Technik und darüber hinaus das gesamte Training. Wer das erste Mal das Tendokan in Tokio betritt, wird schnell freundlich begrüßt und Empfang genommen. Aufmerksam wird man zur Umkleide geleitet, usw. „Zan Shin“ ist ein Begriff, eine Idee, die weit über die Matten und das Dojo hinausreicht. Wer wachsam durch sein Leben gehen möchte, braucht „Zan Shin“. Aufmerksam überqueren wir die Straße, aufmerksam betreten wir das Dojo, aufmerksam kleiden wir uns, aufmerksam verbeugen wir uns, aufmerksam trainieren wir …. So aufmerksam kann doch kein Mensch sein, irgendwann ermüdet jeder, bzw. welche Aufmerksamkeit ist überhaupt gemeint? Viele dieser japanischen Begriffe mit einem philosophischen Hintergrund hören sich geheimnisvoll und interessant an, sind es aber eigentlich gar nicht. Ein kleines Kind lässt sich, wenn es etwas Neues erkundet, ganz natürlich und wachsam darauf ein. Mit jedem Schritt, das es tut, entdeckt es Neues!

Auf das Geheimnis wahren Budos angesprochen antwortet Shimizu Sensei einmal „Fühlen zu können“ und dazu gehört auch „Sich entspannen zu können“. Einatmen und ausatmen, anspannen und entspannen, aufmerksam und relaxt zu sein – zur richtigen Zeit, zum richtigen Ort, das ist wahres Budo. Für die Samurai war dies eine überlebenswichtige Strategie. Nun üben wir im Aikido nicht mit einem scharfen Schwert, dennoch führen wir viele Bewegungen so aus, als hätten wir ein Schwert in der Hand. „Shin Ken“ bedeutet soviel wie „scharfes Schwert“. Hätten wir ein scharfes Schwert in der Hand, würden wir vermutlich viel ernsthafter trainieren. „Sho Shin“ und „Zan Shin“ wären dann keine Fremdworte für uns, sondern ganz natürlich. Nur ein kleines Beispiel: Würde mir jemand mit einem Schwert gegenüberstehen, würde ich ihn genau anschauen, damit mir nicht die kleinste Bewegung entgeht. Oftmals schauen wir jedoch viel zu unkonzentriert. Schon mit dem wachsamen Blick beginnt Aikido. Nachdem wir nicht mit einem scharfen Schwert trainieren, haben wir es nicht so einfach! Dennoch können wir es jedes Mal aufs Neue versuchen,

  • aufmerksam,

  • fühlend

  • ernsthaft

zu trainieren. So wird sich unser Aikido weiter entwickeln und wachsen können!

Bodo-Klaus Eidmann

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